06.07.2017

«Die Weiterbildung sensibilisiert für die interdisziplinäre Zusammenarbeit»

Andreas Iseli hat sich vor drei Jahren zum Handwerker in der Denkmalpflege FA mit Fachrichtung Mauerwerk/Verputz spezialisiert. Im Interview schildert der Selbständigerwerbende, wie sich sein Berufsalltag seither verändert hat.

Andreas Iseli, Handwerker in der Denkmalpflege mit Fachrichtung Mauerwerk/Verputz © Raphael Hünerfauth

Wenn Sie auf die berufliche Tätigkeit als Maler und Gipser vor dem Lehrgang zurückblicken, was hat sich seither gewandelt?

Hauptsächlich ist eine Veränderung bei meinen Aufträgen zu erkennen. Vor der Weiterbildung arbeitete ich häufig an Neubauten. Heute habe ich vor allem Aufträge für Sanierungen von alten, feuchten Kellern. Meine Arbeiten sind somit grösstenteils an älteren Bauten.

Gibt es ein spannendes Projekt, dass Sie ohne Weiterbildung sicher nicht hätten realisieren können?

Für mich war das die Erneuerung eines Gewölbekellers in Felsberg im Kanton Graubünden. Nach dem Entfernen des alten Verputzes verwendete ich einen offenporigen Entfeuchtungsputz Dieser bietet mehr Verdunstungsmöglichkeit, sodass nun die Feuchtigkeit in Richtung des Raums abgeleitet wird. Es soll sich keine Staunässe mehr bilden. Die Arbeit mit dem verwendeten Kalkverputz stellte sich jedoch als Herausforderung dar. Er bestand aus rein mineralischen Komponenten, da dieser im Gegensatz zu Kunstoffverputzen besser leitet. Bei einem Kalkverputz sind allerdings längere Trocknungszeiten zu beachten. Dies machte die Aufbereitung und Nachbehandlung aufwendiger.

Inwiefern wurden Sie in das Projekt miteinbezogen?

Da ich nach der Offertenstellung den Zuschlag erhielt, gehörten alle weiteren Schritte in meinen Verantwortungsbereich. Von der Planung bis zur Ausführung führte ich die Verputzarbeiten selbst durch.

Gab es noch weitere Aspekte, die dieses Projekt spannend machten?

Meistens sind die beteiligten Parteien an einem solchen Projekt dieselben. So arbeiten Denkmalpfleger, Bauherren und Handwerker zusammen. Durch die sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten ist die Zusammenarbeit trotzdem immer wieder sehr spannend. Da es bei diesen Projekten keine standardisierten Lösungen gibt, müssen unweigerlich Kompromisse geschlossen werden. Vor allem da die Preisfrage grundsätzlich ein Punkt darstellt, zu dem jede beteiligte Partei eine andere Meinung besitzt. Bei diesen Meinungsverschiedenheiten ist meine Erfahrung sehr geschätzt, um einen geeigneten Kompromiss zu erarbeiten.

Hat sich Ihre Zusammenarbeit mit Bauherren, Denkmalpflegern, Architekten und anderen Handwerkern verändert?

Ja, ich spüre, dass sie mir mehr Respekt erweisen. Gleichzeitig wird natürlich erwartet, dass ich ihnen auf Detailfragen spezifische Antworten geben kann. Ebenfalls positiv beeinflusst das Vorhandensein eines Titels die Zusammenarbeit. Vor allem schätzen sie jedoch meine Erfahrung aus der langjährigen Praxis. Die Bauherren sind meist nicht vom Fach und die Wünsche der Architekten nicht immer nachhaltig. Daher gehört es zu meiner Aufgabe diese Lücke mit meinem Fachwissen über die verschiedenen Materialeigenschaften und Lösungsmöglichkeiten zu füllen und die geeignetste zu finden. So werde ich manchmal auch direkt von Architekten für Arbeiten an einem anderen Projekt angefragt.

Sie verfügen mit ihrer langjährigen Tätigkeit als selbständiger Maler und Gipser bereits über einen grossen Erfahrungsschatz. Konnte Ihnen die Weiterbildung überhaupt noch was bieten?

Absolut, durch das neu erlernte Wissen fallen mir die Vorabklärungen einfacher und ich gelange immer wieder an sehr spannende Projekte heran. Da die Arbeiten von verschiedenen Fachleuten ausgeführt werden, ist auch die Zusammenarbeit mit den anderen Handwerkern eine Bereicherung. Bei den Arbeiten kann nicht alles vorhergesehen werden. Deshalb gilt es einen Teil der Entscheidungen direkt vor Ort während den Arbeiten zu treffen. Die Weiterbildung sensibilisiert einen auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit und lehrt einen auch ein Verständnis für die Arbeit der anderen Handwerker. Man legt schnell die Einstellung ab, alles selbst schaffen zu müssen. Man lernt seine eigenen Grenzen besser kennen und beginnt die Vorteile einer Diskussion mit jemand aus einem anderen Fachgebiet zu sehen.

Wem würden Sie den Lehrgang weiterempfehlen?

Ich empfehle die Weiterbildung allen interessierten Berufsleuten, die ihren Job mit Herzblut machen und sich nicht mit 08/15-Lösungen zufriedengeben. Neben dem Wissen gewinnt man auch neue Fachkontakte und kann ein Netzwerk mit anderen Berufsleuten aufbauen. Ebenfalls wertvoll sind neu gewonnene Ansprechpartner aus anderen Branchen, da in den Basismodulen der Weiterbildung beispielsweise die Maler, Steinmetze und Schreiner zusammen unterrichtet werden. So kann man für Detailfragen bei Bedarf jemanden hinzuziehen.

Die Koordinaten zu Andreas Iseli finden Sie in unserem Verzeichnis der Inhaber/innen des eidg. Fachausweises.