16.02.2017

«Die Freude an alten Bauten weitergeben»

Die Instandstellung einer Pionierarbeit wie die des Perrondachs am Bahnhof Oberwinterthur erfordert nicht nur Fachwissen, sondern auch ein grosses Interesse am Erhalt historischer Objekte. Im Interview schildert der gelernte Zimmermann Florian Schlegel, wie sich seine Herangehensweise durch die Weiterbildung zum Handwerker in der Denkmalpflege FA mit Fachrichtung Holzbau verändert hat.

Florian Schlegel, Handwerker in der Denkmalpflege FA mit Fachrichtung Holzbau © Raphael Hünerfauth

Florian Schlegel, Handwerker in der Denkmalpflege FA mit Fachrichtung Holzbau © Raphael Hünerfauth

Arbeiten Sie hauptsächlich an Projekten mit denkmalpflegerischen Aspekten?

Ja, meist handelt es sich bei meinen Aufträgen um Umbauten und Sanierungen mit denkmalpflegerischem Hintergrund. Ich hatte bereits vor der Weiterbildung viele Projekte, die unter Denkmalschutz standen. Speziell erinnere ich mich an die Sanierung und Instandstellung des Perrondachs am Bahnhof von Oberwinterthur. Es handelte sich dabei um eine Pionierarbeit aus dem Jahr 1918. Die Konstruktion war für diese Zeit sehr experimentell und für mich deshalb besonders interessant.

Sie waren bei diesem Projekt der Bauführer. Worin bestand Ihre genaue Aufgabe?

Ich war Projektleiter, habe aber überall mitgearbeitet. Das begann bei der Bestandesaufnahme und führte über die Beratung bis hin zur Ausführung. Im Grunde war ich an der gesamten Auftragsabwicklung von A bis Z beteiligt. Ich konnte daher auch sehr viel Know-how aus meiner Weiterbildung einbringen. Vor allem zum Ablauf, zu den administrativen Vorbereitungen und zur Dokumentation der Arbeiten. Durch die Weiterbildung wusste ich, welche Details zählten.

Inwiefern hat sich Ihre berufliche Funktion durch den Lehrgang verändert?

Der grösste Unterschied ist die Herangehensweise. Sie hat sich deutlich verändert. Grundsätzlich könnte vom handwerklichen Können her auch ein Zimmermann dieselben Arbeiten ausführen. Doch wie die ganze Kommunikation ringsherum funktioniert und worauf es bei der Zusammenarbeit im Team ankommt, da profitierte ich massgeblich vom zusätzlichen Wissen aus dem Lehrgang.

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Bauherren, Denkmalpflegern, Architekten und anderen Handwerkern verändert?

Sobald es um Denkmalpflege geht, haben viele das Gefühl, dass sie bei allem mitreden können. Ganz so einfach ist das jedoch nicht. Durch die Weiterbildung bin ich stilsicherer geworden und kann nun auf Augenhöhe mit den anderen kommunizieren. Auch bei den Bauherren kommt das gut an. Sie merken, dass ich zusätzliches Fachwissen habe. Manchmal kommen wir bereits durch die nähere Beschreibung des Lehrgangs ins Gespräch.

Wo profitieren Sie nun am meisten von der Weiterbildung?

Früher wurde ich erst zu einem Projekt hinzugezogen, sobald dieses stand. Dann konnten wir offerieren und mit den Arbeiten beginnen. Inzwischen bekomme ich immer mehr Aufträge von Architekten für eine Bestandesaufnahme im Vorprojekt. Gefragt wird nach Machbarkeitsstudien. Häufig kommt die Frage, wieviel bei einem denkmalgeschützten Haus verändert werden kann. Da bin ich neu in einer beratenden und begleitenden Funktion gefragt.

Was hat Sie ursprünglich zu dieser Weiterbildung motiviert?

Nach einigen Jahren Praxiserfahrung als Zimmermann habe ich mich berufsbegleitend zum Holzbau-Polier weitergebildet. Das war ziemlich anstrengend. Daher dachte ich, dass ich nicht gleich eine Weiterbildung in Angriff nehmen will. Eine Zeit lang arbeitete ich im Elementbau, doch mein Herz schlug schon immer mehr für historische Bauten. Als ich dann einen Flyer mit dem Umbau eines alten Dachstuhls sah, kam meine Faszination für das alte Handwerk wieder auf. Das hat mir dann die Motivation gegeben, mich auf diesem Gebiet noch weiterzubilden.

Würden Sie sie auch weiterempfehlen?

Ja, auf jeden Fall. Ich denke, jeder der Freude am traditionellen Handwerk hat und mehr darüber erfahren möchte, ist mit diesem Lehrgang gut bedient. Meiner Meinung gehört es auch zu unseren Aufgaben, die Freude an alten Bauten weiterzugeben. Manche Bauherren möchten Änderungen vornehmen, die sie jedoch wegen der Denkmalschutzvorschriften nicht umsetzen dürfen. Ihnen alternative Lösungen aufzuzeigen, das sollte einem wichtig sein. Viel bringt einem auch der Erfahrungsaustausch untereinander. Das Netzwerk, das man während der Weiterbildung aufbaut, bleibt auch danach bestehen. Zum Teil trifft man sich auch neben den Projekten, an denen man zusammen arbeitet.

Die Koordinaten zu Florian Schlegel finden Sie in unserem Verzeichnis der Inhaber/innen des eidg. Fachausweises.